-
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
Archive
Kategorien
Meta
Archiv der Kategorie: Projekte
2015 Internationale Schlepper- und Schleusertagung
2013 Projekt Pastinaken raus
Süddeutsche Zeitung vom 9.März 2013
BRAUNES GEMÜSE
Eine Ausstellung im Gasteig will Jugendliche über unterschiedliche Formen des Rechtsextremismus aufklären. Auf belehrende Erklärtafeln und klassische Führungen wird dabei verzichtet – die Besucher sollen einfach stöbern
VON SILKE LODE
Eine Ausstellung über „Brauntöne”, über unterschiedliche rechte Tendenzen in der Gesellschaft – das klingt stark nach erhobenem Zeigefinger. Doch genau darauf verzichtet die Schau „Pastinaken raus”, die noch bis 21. März im Gasteig gezeigt wird. Es gibt weder belehrende Erklärtafeln noch besserwissende Audioguides, sondern einfach nur drei komplett eingerichtete Wohnzimmer. Zum Konzept von Matthias Weinzierl gehört, dass die Besucher sich wie zu Hause fühlen sollen. Sie dürfen in Regalen stöbern, Schubladen durchwühlen, mit einer Zeitschrift auf dem Sofa sitzen oder den Papierkram am Esstisch durchsehen. Siekönnen frei erkunden und Interpretationen anstellen – und zu entdecken gibt es einiges. Das Jugendzimmer zum Beispiel, das auf den ersten Blick wie die verwahrloste Bude eines durchschnittlichen Pubertie-
Im „Altdeutschen Wohnzimmer” hängt an der Wand ein Hitler-Portrait
renden aussieht, der sich primär für Computer interessiert und seine eigenen vier Wände mit Stickern und Graffiti überzieht. Doch die Botschaften in allen Ecken des Raums sind eindeutig: „Antif agruppen zerschlagen” oder „Kein Bock auf Israel” steht auf den Aufklebern, im CD-Regal stapeln sich die Platten rechter Bands, am Schreibtisch liegt die Verpackung einer Soft-Air-Pistole und auf dem Stuhl prangt ein großes Hakenkreuz.
Ein klarer Fall ist auch das „Altdeutsche Wohnzimmer”. Hier sitzen gerade Zehnt -klässler der Wilhelm-Busch-Realschule, eine klassische Führung haben sie wie alle anderen Besucher nicht. Für Schulklassen haben die Kammerspiele allerdings ein eigenes Programm mit Theater-Workshops entwickelt. Ein Teil der Klasse hat sich dieses Zimmer genauer angesehen, dann hat Workshop-Leiterin Renate Grasse sie aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wer in dem Zimmer leben könnte. Mit einer kurzen Szene, die sich so dort abspielen könnte, sollen sie nun den Raum ihren Klassenkameraden vorstellen.
An der Wand hängen Geweihe neben alten Stadtansichten und Familienbildern, im Regal steht völkische Literatur, von der Gegenwart zeugt hier fast nichts. „All die arbeitslosen Ausländer hier. Beim nächsten Mal wähle ich NPD!”, verkündet ein Schüler, der in die Rolle eines älteren Mannes geschlüpft ist. Seine Frau leistet schwachen Widerspruch, da kommt die Enkelin zu Besuch und will ihre Schulfreundin vorstellen. „Ein Schwarze?”, poltert der Mann. Und während er zetert, zieht er den Vorhang zur Seite, hinter dem ein Bild von Adolf Hitler hängt. „Oma sag doch was”, versucht es das Mädchen und erntet nur eine resignierte Antwort: „Was soll ich denn sagen? So ist es halt”. Das reicht der Enkelin – auch die Tränen der Oma können sie nicht dazu bewegen, länger zu bleiben.
Am subtilsten kommt der „Salon Sarrazin” daher: fliederfarbene Wände, moderne Ikea-Möbel, Weidenkätzchen in der Bodenvase. Erst beim Stöbern fangen die Schüler an, sich zu wundern: zwischen Günter Grass, Thomas Mann und Christa Wolf finden sie auffällig viele Bücher im Regal, in denen andere Religionen als Bedrohung dargestellt werden. Zeitschriften, die sich mit Thilo Sarrazin beschäftigen, stehen hoch im Kurs, ebenso sein Buch „Deutschland schafft sich ab”. Und auf dem Tisch liegt ein Antrag auf Schulwechsel. Begründung: An der alten Schule gebe es zu viele Migrantenkinder.
„Natürlich gehen die Jugendlichen je nach Schultyp die Ausstellung unterschiedlich an. Aber sie wird immer verstanden”, sagt Renate Grasse. Sehr unterschiedliche Rückmeldungen bekommen die Macher hingegen von erwachsenen Besuchern. Viele kommen zufällig auf dem Weg zur Stadtbibliothek an den Containern vorbei, andere kommen gezielt. „Es gibt immer wieder Leute, die sich provoziert fühlen”, sagt Grasse. „Lasst doch die alten Themen”, sei ein Kommentar, der immer wieder falle. Und beim Salon Sarrazin komme regelmäßig die Frage, was daran rechtsextrem sei. Genau darum geht es Kurator Weinzierl, um die Schärfung der eigenen Wahrnehmung: „Das Bild vom glatzköpfigen Stiefelnazi hat ausgedient.” Die meisten Fragen wirft jedoch der Titel der Ausstellung auf -„Pastinaken raus”. Viele wissen nicht, dass Pastinaken ein Gemüse sind. Umso häufiger funktioniert dagegen die Assoziation mit dem Begriff „Kanaken”, und ein Filmteam findet immer wieder Leute, die über das „zunehmende Pastinaken-Problem” schwadronieren. „Ressentiments und Vorbehalte kann man gegen alles und jeden erzeugen”, stellt Weinzierl fest. „Sogar gegen ein fades Gemüse.”
2011 Pastinaken raus!
Ausstellung „Pastinaken Raus“
Die Ausstellung „Pastinaken raus!“ wurde im Herbst 2011 im Rahmen der städtischen Kampagne „Laut gegen Brauntöne“ für die Jugendkultureinrichtung „Die Färberei“ entwickelt und realisiert. Die zweiwöchige, von zahlreichen thematischen Veranstaltungen eingerahmte Ausstellung wurde von allen Beteiligten als großer Erfolg gewertet und es gab viel positives Feedback.
Das Ausstellungskonzept: Die Ausstellungsräume der Färberei verwandelten sich mittels einfacher Trockenbauwänden in eine funktionstüchtige Drei-Raum-Wohnung – in einen „deutschen“ Lebensraum. Die Wohnung besteht aus drei Durchgangszimmern und kann nur in eine Richtung, rechts herum, begangen werden. Vom Eingangsraum unserem „altdeutschen Wohnzimmer“, geht es über das „Rechtsrock-Kinder- und Jugendzimmer“ in die „gute Stube“ des Hauses, ins eigentliche Wohnzimmer, das sich befremdlich vertraut und gemütlich präsentiert, mit IKEA-Regalen, Duftkerzen und klassischer Musik. Mit der Wohnungsbegehung begeben sich die Besucherinnen und Besucher auf eine Suche nach den „Nazis“, nach denen da draußen und denen „in“ uns.
Die drei Räume sind komplett möbliert und vermitteln dem Ausstellungsbesucher die Atmosphäre und das Gefühl, Eindringling in einem real bestehenden, sehr privatem Wohnraum zu sein. Jedem Moment könnte der eigentliche Bewohner, die Bewohnerin zurückkommen und einem beim „Rumstöbern“ ertappen. In der Wohnungseinrichtung finden sich rechte Literatur, rechte Flugschriften, Wahlkampfmaterialien, Zeitungsausschnitte, Gastschulanträge, Aufkleber, Objekte und Symbole, rechts-populistische Zeitschriftentitel und vieles mehr. Auf dem in der Ausstellung integrierten Fernseher laufen thematische Kurzfilme in einer Dauerschleife, und im Jugendzimmer schwimmen Fische im Aquarium und gleichzeitig werden den BetrachterInnen und Betrachtern auf einem Laptop rechte Musik, Spiele und Homepages zugänglich gemacht.
Die Ausstellung ist jedoch nicht kommentiert. Die Inhalte wollen entdeckt und hinterfragt werden. Die BetrachterInnen sind explizit dazu eingeladen die Räume zu begehen und zu erforschen. Im Klartext heißt das auch in Schubläden, hinter Gardinen zu schauen oder in die Bücherregale zu greifen. Das Ausstellungsziel ist es, die BesucherInnen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Thesen und Erscheinungsform rechter Tendenzen zu bewegen.
Besonders ist wichtig uns dabei, den persönlichen Erkenntnisgewinn der BesucherInnen anzuregen. Damit ist gemeint, dass wir unserem Publikum nicht führen, sondern eigene Interpretationen des Gezeigten provozieren möchten.
Ein Beispiel: Das Bücherregal im bürgerlichen Wohnzimmer ist mit einem Querschnitt unterschiedlichster Literatur gefüllt. Bücher mit rechten oder tendenziell rechten bzw. rassistischen Welt-Anschauungen stehen neben unverdächtiger Alltagslektüre. Die BetrachterInnen selbst sind dazu aufgefordert sich mit dem mit den präsentierten Bücherschau auseinanderzusetzen und müssen selbst die entsprechenden Titel herausfinden und bewerten. Somit entsteht ein Gesamtbild, dass aufzeigen will wie weit rechte Tendenzen in unserem Alltag und in unserem eigenem Umfeld bereits Platz genommen haben.
Ein weiteres Beispiel: Im Jugendzimmer zeigen wir die Bedeutung einer klaren „Trennschärfe“. So zeigen wir, dass sich Erscheinungsform von nationalen Gruppen geändert hat und wie schwer sie sich noch von der Musik, den Trends und bestimmten Dresscodes anderer Jugendbewegungen unterscheiden lässt.
Das Konzept dazu stammt von Matthias Weinzierl.
Für die Realisierung maßgeblich war die Arbeit Bühnenbildnerin Julia Ströder (www.juliastroeder.de)
Einige Materialien zur Ausstellung finden sich unter:
2011 Projekt „Lampedusa Beach Party“
Ausstellung „Lampedusa Beach Party“
Im Rahmen des rage against Abschiebung Festivals 2011 wurde eine Ausstellung im Farbenladen organisiert. Matthias Weinzierl entwickelte gemeinsam mit dem Vorbereitungskreis des Festivals das Konzept. Hier aus dem dazugehörigen Programmheft:
I can´t relax in Europe
Es entspannt sich schwer, angesichts der tödlichen Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Also den Strandkorb vom offenem Meer flux abgewendet. Abkehr und Abwehr statt Schutz lautet die Devise. Wir, also die EU, halten eine bestens funktionierende Abschottungs- und Abschiebungsmaschinerie am Laufen, die tagtäglich Tote produziert. Wir, also die Öffentlichkeit, nehmen das zur Kenntnis und begegnen dem hausgemachten Flüchtlingsdrama größtenteils mit fatalem Desinteresse. Dem etwas entgegen zu setzen gibt es dieses Jahr, zusätzlich zum Rage against Abschiebung Festival, die Lampedusa Beach Party. Mit ihr wollen wir unsere Themen sichtbarer machen. Ab dem 4.10. verwandelt sich der Farbenladen nach und nach in einen Indoor-Strand mit Strandbar der anderen, verstörenden Art. Eine Gruppe von KünstlerInnen haben sechs der legendären Feierwerk-Strandkörbe zur Verfügung gestellt bekommen, um sie thematisch zu gestalten. Die Ergebnisse sind so unterschiedlich, wie die beteiligten KünstlerInnen. Rechnen Sie mit vielem – aber mit einem nicht – dass es gemütlich wird – trotz der Strandkörbe.
Die Ausstellung fand vom 4.-22.10.2011 in der Galerie Farbenladen statt.
Weitere Infos unter:
2011 Projekt BSDS
Veranstaltung „BSDS – Bayern sucht das Superlager“
Im Frühjahr 2011 organisierte der Bayerische Flüchtlingsrat gemeinsam mit den Münchner Kammerspielen in der Bayernkaserne die Show „BSDS – Bayern sucht das Superlager“.
Aus den sieben Regierungsbezirken Bayerns kämpften je ein Flüchtlingslager um den Titel des „krassesten“ Lager Bayerns. Vorgestellt wurden die Lager von BewohnerInnen, die als ExpertInnen einen Einblick in ihre prekäre Wohnsituation geben konnten. Die Jury, bestehend aus Bernhard Wunderlich (Rapper von der Band Blumentopf), Maria Peschek (Kabarettistin) und Ralf Hohmann (Radiowissenschaftler) konnten sich zwischen den beiden Flüchtlingslagern in Schongau (Oberbayern) und Coburg (Oberfranken) nicht entscheiden und kürten somit beide als Gewinner. Damit steht es nun fest: Coburg und Schongau sind die „krassesten“ Lager Bayerns 2011! Besucht wurde die Veranstaltung von etwa 120 Personen.
Die Veranstaltungskonzept und die Durchführung wurde von Matthias Weinzierl der auch gemeinsam mit Mathias Fiedler als Moderator durch den Abend führte.
2006-2014 Hinterland Magazin
Hinterland Magazin
Seit 2006 erscheint das Hinterland Magazin. Das streitbare und diskussionsfreudige Magazin ist wird vom Bayerischen Flüchtlingsrat vierteljährlich herausgegeben. Verantwortlicher Redakteur ist Matthias Weinzierl der auch für die grafische Gestaltung zuständig ist. Zum Selbstverständnis der Redaktion, hier ein Ausschnitt aus dem Editorial der ersten Ausgabe:
„Wir wollen tiefer blicken lassen, breiter informieren als Verbandspublikationen das Üblicherweise tun, Kontexte anbieten, wo sonst nur Tatsachenberichte prangen, Denkanstösse jenseits monothematischer Betroffenheitsprosa geben und Debatten anstoßen, wo sonst nur betretene Kenntnisnahme vorherrscht. Weit entfernt davon, die haarsträubende Situation von Flüchtlingen, MigrantInnen und Illegalisierten verniedlichen oder unterhaltsam verpacken zu wollen, wird HINTERLAND künftig versuchen, den Focus zu öffnen und einen kritischen gesellschaftlichen Zusammenhang dort herzustellen, wo sich Flüchtlingsarbeit bisher im Single-Issue-Gefrickel erschöpfte. Auch wenn wir uns inhaltlich weiterhin mit Flüchtlingsabwehr und globaler Wohlstandsabschottung beschäftigen werden und den Schwerpunkten des Bayerischen Flüchtlingsrates verpflichtet bleiben.“
Wer sich ein Bild von dem Magazin machen möchte, findet sämtliche Ausgaben, Texte und AutorInnen unter:
2009 Projekt Munich Central
Projekt „Munich Central“
Unter dem Motto Munich Central starteten die Münchner Kammerspiele ihr Stadtraumprojekt 2010. Thema des Projekts: Das Stadtviertel rund um den Münchner Hauptbahnhof. Als Festivalzentrale wurde ein ehemaliger Supermarkt angemietet in dem sich seitdem das „Import-Export“ befindet. Matthias Weinzierl wurde als erster Platzhalter in den Projektraum gesetzt und er hatte die Aufgabe als verantwortlicher Redakteuer einen Atlas zum Bahnhofsviertel zu erarbeiten und Kontakte zu den AkteurInnen zu knüpfen. Dazu das Editorial des Munich Central Atlas
Munich Central: Weltenverbund Bahnhofsviertel
Die Idee ist bestechend einfach: Im südliche Bahnhofsviertel sollte eine temporärer Freiraum entstehen, von dem aus wir erkunden wollten, wie das Viertel tickt, wer hier lebt, arbeitet und ausgeht, was gerade im Kommen und was vom Aussterben bedroht ist.
Anfang März haben wir daher den ehemaligen türkischen Supermarkt Can Tikaret in der Goethestraße 30 bezogen und inmitten einer zugigen Baustelle unsere Erkundungsarbeit aufgenommen. Der Laden selbst erfuhr in den zurückliegenden Monaten die Wandlung von einem heruntergekommenen leerstehenden Ladenlokal zu einem heimeligen Begegnungszentrum mit Teppichboden, Ausstellungsfläche und Tagescafé. Wir hingegen wandelten uns zu immer konfuser und launisch agierenden Wesen – angesichts der Fülle an Personen, Geschichten und Erlebnissen die sich tagtäglich bei uns im Laden einfanden.
Zudem wurde unser neuer Freiraum von einer Gruppe in Beschlag genommen, mit der niemand von uns gerechnet hatte: den bulgarischen Tagelöhnern. Direkt vor unserer Ladentür befindet sich der Arbeiterstrich, d.h. eine große Gruppe bulgarischer Männer und Frauen steht hier tagtäglich auf der Straße und wartet auf Arbeit. Sie fallen auf, sind im Viertel nicht gern gesehen und werden ständig kontrolliert und verscheucht. Bei uns finden sie ihren Platz und von da an spielen sich alle unsere Aktivitäten inmitten einer Gruppe von 30 bis 40 erschöpften Menschen ab, die einfach nur dasitzen und sichtbar froh sind, dass sie hier sein dürfen. Plötzlich haben wir einen Einblick in eine dieser unbekannten Parallelwelten, von denen es im Viertel so viele gibt.
Mit dem vorliegenden Atlas-Büchlein wollen wir Ihnen einen kleinen Zugang zu diesen Weltenverbund Bahnhofsviertel verschaffen. Im Atlas kommen ViertelbewohnerInnen, UnternehmerInnen, Metzger, Tagelöhner, Theatermenschen, KünstlerInnen, StudentInnen, Nachtmenschen und StadtplanerInnen zu Wort – eine hoffentlich anregende Mischung. Wir zeigen Ihnen die gesellschaftlichen Brüche im Viertel, sprechen über die drohenden Vorboten der Gentrifizierung, aber wir werden Ihnen nicht das südliche Bahnhofsviertel erklären – ganz im Gegenteil. Wir wollen mit unserem Atlas Ihre Neugier auf das Viertel und unser Festival wecken und Ihnen Lust machen, diesen spannenden, für München so untypischen Ort für sich selbst zu entdecken.
2009 Projekt Comicbeitrag zu „Crossing Munich“
Ausstellungsbeitrag „Crossing Munich“
Comicbeitrag zu dem Ausstellungsprojekt „Crossing Munich“ in der Münchner Rathausgalerie. Dazu ein Ausschnitt zu dem Projekt, dass auf Recherchen von Lisa Riedner und Philipp Zhemisch basiert.
Eiskalte Händchen. Werksvertragsarbeit: Die neuen Gastarbeiter
Auch wenn mit dem sogenannten Anwerbestopp 1973 die Ära der staatlich forcierten Arbeitsmigration zunächst offiziell zu Ende ging, kamen seitdem jährlich tausende migrantische Arbeitskräfte legal ins Land. Dabei hat das nicht-erklärte Einwanderungsland Deutschland bis zum neuen Zuwanderungsgesetz 2004 durch die sog. „Anwerbestoppausnahmeverordnung“ die Arbeitsmigration gesteuert. Einer der Modi, wie seitdem ausländische Arbeitskräfte nachgefragt werden, ist der „Werksvertrag“. Aus der Sicht der Ausländerbehörden stellt die Werksvertragsarbeit keine „Migration“ dar, da die Arbeiter formell nur über einen bestimmten Zeitraum in Deutschland legal arbeiten dürfen und danach wider zurück ins Entsendeland müssen. Aus der Sicht der Gewerkschaften und des Zolls stellen die Arbeiter eine billige und flexible „Reservearmee“ dar, die die „teure“ „deutsche Arbeitskraft“ unterbieten. Für die Unternehmer und Subunternehmer bedeutet die Werksvertragsarbeit Extraprofite. Für die Werksarbeitnehmer selbst bedeutet es eine der wenigen Möglichkeiten, legal in Deutschland für harte Euros arbeiten zu können.
Die Arbeit „Werksvertragsarbeit: Die neuen Gastarbeiter“ knüpft an einem konkreten Fall von „Lohnbetrug“ in Bayern an. In dem sich das Projekt sensibel auf die Biografien der Werksvertragsarbeiter einlässt, ist es ihm nicht nur möglich, die subjektive Seite dieser internationalen Arbeitsstrukturen in Erfahrung zu bringen. Vielmehr können die ForscherInnen das weitverzweigte, transnationale Netzwerk aus General- und Subunternehmen und anderen beteiligten Akteuren feldforschend rekonstruieren, die die Werksvertragsarbeiter nach Bayern brachten. Hierbei zeigt sich eine Ambivalenz aus Ermöglichung und Unterstützung als auch von Behinderung und Ausbeutung, die dieser migratorischen Praxis zu Grunde liegt.
Der Comicbeitrag „Eiskalte Händchen“ wurde 2010 in der Vetternwirtschaft in Rosenheim ausgestellt. Weitere Infos unter:
2009 Projekt „Under Construction“
Ausstellung „Under Construction“, 2009
2009 entstand zu den 3. Münchner Integrationstagen das Ausstellungsprojekt „Under Construction – Bildungsbaustelle Migration“ für das Dritte Welt Zentrum e.V., den Trägerkreis EineWeltHaus München e.V., IG-Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V., MigraNet, dem Sozialreferat, dem Amt für Wohnen und Migration und in enger Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München.
Das Thema der Ausstellung war die häufige Missachtung von ausländischen Berufsabschlüssen. In Deutschland leben viele gut qualifizierte MigrantInnen, die aufgrund mangelnder Anerkennung ihrer Qualifikation nicht, oder unter ihrem Niveau beschäftigt sind.
Ausstellungsidee – die Biografien von MigrantInnen deren berufliche Weiterentwicklung ins Stocken geraten ist im öffentlichen Raum zu präsentieren. Dafür wurden von Matthias Weinzierl unterschiedliche MigrantInnen zu ihrer beruflichen Lebenssituation interviewt und von der Fotografin Andrea Huber porträtiert. Die Gestaltung der Tafeln lehnt sich an die Gestaltungsvorgaben der Stadt München.
Die beidseitig beschrifteten Bautafeln wurden auf regulären Baustellentafeln vom städtischen Bauhof angebracht und in der Münchner Fußgängerzone aufgestellt und waren dort im Juni 2009 zu sehen.
„Under Construction“ gastierte anschließend im Sozialbürgerhaus Milbertshofen, in der IG, im alten Rathaus München und im EineWeltHaus.
2008 Projekt save me Kampagne
Kampagne „save me“
Die save me Kampagne entstand 2008 auf eine Initiative vom Bayerischen Flüchtlingsrat und den Münchner Kammerspielen. Aus den Überlegungen zum Stadtraumprojekt „Da kann ja jeder kommen“ und den Vorbereitungen zu einem gemeinsamen Gala-Abend entwickelte sich eine Kampagne zur Neuaufnahme von Flüchtlingen. Wir versuchten mittels einem Patenmodell BefürworterInnen zur Neuaufnahme von Flüchtlingen zu gewinnen. Unsere erste Hauptforderung war, 850 zusätzliche Flüchtlinge für München und ein positiver Stadtratsbeschluß zur Flüchtlingsaufnahme.
Was in München began wurde dank der Unterstützung von Pro Asyl zu einer bundesweiten Kampagne an der sich über 50 lokale Städtekampagnen anschlossen, die wiederum über 45 positive ratsbeschlüsse erreichen konnten. Gemeinsames Ziel: die Bundesriegierung dazu zu bewegen an einem regelmäßigen Aufnahmeprogramm (Resettlement) dauerhaft teilzunehmen. Im Winter 2011 war es dann soweit, die Innenministerkonferenz in Wiesbaden beschloß eine Teilahme Deutschlands. Allerdings sind die Aufnahmezahlen bedauernswert kläglich und peinlich. Gerade Mal 300 Flüchtlinge, verteilt auf zwei Jahre möchte Deutschland aufnehmen.
Matthias Weinzierl entwickelte die Kampagne und Erscheinungsbild maßgeblich und reiste zeitweise als Kampagnenbeauftragte im Dienste von Pro Asyl durch die Republik.
Weitere Infos unter:
www.save-me-kampagne.de
1996-2013 Rage against Abschiebung Festival
Festival „Rage against Abschiebung“
1996 wurde das Festival – damals noch vom Asylarbeitskreis Prager Straße – ins Leben gerufen. Seit 1999 wird es vom Bayerischen Flüchtlingsrat organisiert und hat mittlerweile zehn Mal stattgefunden. Über die Jahre hat es sich zum größten flüchtlingspolitischen Festival im süddeutschen Raum entwickelt. Matthias Weinzierl ist von Anfang an dabei, quasi als Mitgründer. In seinen Verantwortungsbereich fallen die Gestaltung der Plakate, Flyer & Aufkleber sowie die Mitvorbereitung der begleitenden Ausstellungen. Weitere Infos zum Festival unter:
2000 Projekt Bodensatz
Bodensatz
Seit dem Jahr 2000 gibt es den Münchner Bodensatz. Dahinter verbirgt sich eine heterogene illustre KünstlerInnenplattform die mal als Label, als Kleinstverlag, als Festivalveranstalter oder Filmteam auftritt. Das gemeinsame Bodensatzmotto: „Scheitern mit Niveau“. Die gemeinsame Antriebsfeder: Spaß, Spaß, Spaß. Doch gelingt auch Großartiges. Zum Beispiel das CD-Projekt „Heinz K. aus H.“ oder die Supermarkt Dauerperformance „Haldi 2000“