Ausstellung „Pastinaken Raus“

Die Ausstellung „Pastinaken raus!“ wurde im Herbst 2011 im Rahmen der städtischen Kampagne „Laut gegen Brauntöne“ für die Jugendkultureinrichtung „Die Färberei“ entwickelt und realisiert. Die zweiwöchige, von zahlreichen thematischen Veranstaltungen eingerahmte Ausstellung wurde von allen Beteiligten als großer Erfolg gewertet und es gab viel positives Feedback.

Das Ausstellungskonzept: Die Ausstellungsräume der Färberei verwandelten sich mittels einfacher Trockenbauwänden in eine funktionstüchtige Drei-Raum-Wohnung – in einen „deutschen“ Lebensraum. Die Wohnung besteht aus drei Durchgangszimmern und kann nur in eine Richtung, rechts herum, begangen werden. Vom Eingangsraum unserem „altdeutschen Wohnzimmer“, geht es über das „Rechtsrock-Kinder- und Jugendzimmer“ in die „gute Stube“ des Hauses, ins eigentliche Wohnzimmer, das sich befremdlich vertraut und gemütlich präsentiert, mit IKEA-Regalen, Duftkerzen und klassischer Musik. Mit der Wohnungsbegehung begeben sich die Besucherinnen und Besucher auf eine Suche nach den „Nazis“, nach denen da draußen und denen „in“ uns.

Die drei Räume sind komplett möbliert und vermitteln dem Ausstellungsbesucher die Atmosphäre und das Gefühl, Eindringling in einem real bestehenden, sehr privatem Wohnraum zu sein. Jedem Moment könnte der eigentliche Bewohner, die Bewohnerin zurückkommen und einem beim „Rumstöbern“ ertappen. In der Wohnungseinrichtung finden sich rechte Literatur, rechte Flugschriften, Wahlkampfmaterialien, Zeitungsausschnitte, Gastschulanträge, Aufkleber, Objekte und Symbole, rechts-populistische Zeitschriftentitel und vieles mehr. Auf dem in der Ausstellung integrierten Fernseher laufen thematische Kurzfilme in einer Dauerschleife, und im Jugendzimmer schwimmen Fische im Aquarium und gleichzeitig werden den BetrachterInnen und Betrachtern auf einem Laptop rechte Musik, Spiele und Homepages zugänglich gemacht.

Die Ausstellung ist jedoch nicht kommentiert. Die Inhalte wollen entdeckt und hinterfragt werden. Die BetrachterInnen sind explizit dazu eingeladen die Räume zu begehen und zu erforschen. Im Klartext heißt das auch in Schubläden, hinter Gardinen zu schauen oder in die Bücherregale zu greifen. Das Ausstellungsziel ist es, die BesucherInnen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Thesen und Erscheinungsform rechter Tendenzen zu bewegen.

Besonders ist wichtig uns dabei, den persönlichen Erkenntnisgewinn der BesucherInnen anzuregen. Damit ist gemeint, dass wir unserem Publikum nicht führen, sondern eigene Interpretationen des Gezeigten provozieren möchten.

Ein Beispiel: Das Bücherregal im bürgerlichen Wohnzimmer ist mit einem Querschnitt unterschiedlichster Literatur gefüllt. Bücher mit rechten oder tendenziell rechten bzw. rassistischen Welt-Anschauungen stehen neben unverdächtiger Alltagslektüre. Die BetrachterInnen selbst sind dazu aufgefordert sich mit dem mit den präsentierten Bücherschau auseinanderzusetzen und müssen selbst die entsprechenden Titel herausfinden und bewerten. Somit entsteht ein Gesamtbild, dass aufzeigen will wie weit rechte Tendenzen in unserem Alltag und in unserem eigenem Umfeld bereits Platz genommen haben.

Ein weiteres Beispiel: Im Jugendzimmer zeigen wir die Bedeutung einer klaren „Trennschärfe“. So zeigen wir, dass sich Erscheinungsform von nationalen Gruppen geändert hat und wie schwer sie sich noch von der Musik, den Trends und bestimmten Dresscodes anderer Jugendbewegungen unterscheiden lässt.

Das Konzept dazu stammt von Matthias Weinzierl.
Für die Realisierung maßgeblich war die Arbeit Bühnenbildnerin Julia Ströder (www.juliastroeder.de)

Einige Materialien zur Ausstellung finden sich unter:

www.pastinaken-raus.de